EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel
Das Europäische Parlament und der Rat haben die neue „Empowering“-RL (RL (EU) 2024/825 ; auch ECGT-RL) verabschiedet, die ihm Rahmen des „Green Deal“ den ökologischen Wandel fördern soll, indem Verbraucher besser vor unlauteren Praktiken geschützt werden und bessere Informationen über Produkte erhalten. Die Richtlinie ändert die Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG; UGP-RL) und die Verbraucherrechte-RL (RL 2011/83/EU).
Die Empowering-RL ist am 26. März 2024 in Kraft getreten und muss bis zum 27. März 2026 von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Die nationalen Bestimmungen müssen ab 27. September 2026 angewendet werden.
Die Richtlinie zielt darauf ab, Verbraucher besser zu informieren und die Sensibilisierung für den Umweltschutz in Verbrauchergeschäften zu fördern. Sie betont, wie wichtig es ist, klare, transparente und genaue Informationen über Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen, insbesondere in Bezug auf deren Umweltauswirkungen und Nachhaltigkeit. Dazu gehören Informationen über die Herkunft, die Zusammensetzung und die Umweltverträglichkeit von Produkten sowie Gewährleistung und Reparierbarkeit.
Die Richtlinie führt insbesondere neue Regeln ein, um Verbraucher vor irreführenden Werbeaussagen im Zusammenhang mit umweltbezogenen Angaben („Greenwashing“) zu schützen. Solche Aussagen dürfen nur noch stark eingeschränkt verwendet werden.
1. Neuerungen in der UGP-RL
1.1 Neue Definitionen mit Umweltbezug
Die UGP-RL wird um einige Definitionen ergänzt, um die neuen umweltbezogenen Regelungen zu begleiten:
Umweltaussagen sind nicht verpflichtende Aussagen oder Darstellungen jeglicher Form, die angeben, dass ein Produkt, eine Produktkategorie, eine Marke oder ein Gewerbetreibender eine positive oder keine Auswirkung auf die Umwelt hat oder weniger schädlich für diese ist als andere.
Allgemeine Umweltaussagen sind solche, die nicht auf einem zertifizierten Nachhaltigkeitssiegel enthalten sind und die nicht im selben Medium klar ersichtlich näher spezifiziert werden.
Ein Nachhaltigkeitssiegel ist ein freiwilliges Vertrauenssiegel, Gütezeichen oder Ähnliches, das ökologische und/oder soziale Merkmale hervorheben oder fördern soll. Nachhaltigkeitssiegel sind weit verbreitet, aber zumeist nicht objektiv überprüfbar. Sie sollen in Zukunft verboten sein, wenn sie nicht auf einem Zertifizierungssystem iSd aktualisierten UGP-RL beruhen oder von Behörden eingeführt wurden.
Betriebsstoff ist jeder Bestandteil einer Ware, der wiederholt verbraucht wird und ersetzt oder aufgefüllt werden muss, damit die Ware bestimmungsgemäß funktioniert. Die Erwägungsgründe nennen hier etwa beispielhaft Druckerpatronen.
1.2 Irreführende Geschäftspraktiken mit Umweltbezug
Die Definition irreführender Geschäftspraktiken über wesentliche Merkmale eines Produkts (Art 6 Abs 1 UGP-RL) wird ausdrücklich um ökologische und soziale Merkmale und Zirkularitätsaspekte wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit erweitert.
Verbraucher sollen ein klares Bild darüber bekommen, welche Auswirkungen ein Produkt über seinen Lebenslauf hinweg hat, und nicht mit leeren Versprechen gelockt werden dürfen. Dies entspricht der bisherigen österreichischen Praxis.
Weiters gelten als irreführende Handlungen nun auch das „Treffen einer Umweltaussage über die künftige Umweltleistung ohne klare, objektive, öffentlich einsehbare und überprüfbare Verpflichtungen…“ (Art 6 Abs 2 lit d) und „Werbung mit Vorteilen für Verbraucher, die irrelevant sind und sich nicht aus einem Merkmal des Produkts oder der Geschäftstätigkeit ergeben“ (Art 6 Abs 2 lit e).
Erstere Neuerung soll insbesondere vage klimabezogene Aussagen unterbinden, die von einem Übergang zu CO2- oder Klimaneutralität oder ähnlichem bis zu einem bestimmtem Datum sprechen. Solche Aussagen sollen nur noch zulässig sein, wenn ein realistischer Umsetzungsplan vorliegt, der auch nach objektiven Kriterien überprüft werden kann. Bisher mussten Unternehmen die Grundlage ihrer Werbeversprechen nicht veröffentlichen.
Die Erwägungsgründe zur Richtlinie führen zur Werbung mit irrelevanten Vorteilen die Werbung mit glutenfreiem Wasser und kunststofffreien Papierblättern an.
Die Definition der irreführenden Unterlassungen wird ebenfalls erweitert. Lässt ein Gewerbetreibender Produkte vergleichen, indem er Informationen über ökologische oder soziale Merkmale oder über Zirkularitätsaspekte wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit der Produkte oder der Lieferanten dieser Produkte bereitstellt, muss er den Verbraucher auch über die verwendete Vergleichsmethode, die betreffenden Produkte und deren Lieferanten informieren.
Die schwarze Liste jedenfalls irreführender Geschäftspraktiken (Anhang I UGP-RL) wird um folgende Tatbestände mit Bezug auf die Umweltverträglichkeit, Warenhaltbarkeit, Reparierbarkeit, Softwareaktualisierungen und Werbung mit Selbstverständlichkeiten ergänzt:
- nicht-offizielle Nachhaltigkeitssiegel;
- allgemeine Umweltaussagen ohne Nachweis für die Umweltleistung (zB „umweltfreundlich“, „umweltschonend“, „grün“ oder „ökologisch“);
- Umweltaussagen zum gesamten Produkt oder der gesamten Geschäftstätigkeit, wenn sie sich nur auf einen bestimmten Aspekt bezieht;
- Aussagen zur Kompensation von Treibhausgasemissionen (Aussagen wie „klimaneutral“, „zertifiziert CO2-neutral“ und „klimaschonend“);
- Präsentation allgemeiner gesetzlicher Anforderungen als Besonderheit des Angebots („Werbung mit Selbstverständlichkeiten“);
- Zurückhaltung von Informationen gegenüber den Verbrauchern, dass sich eine Softwareaktualisierung negativ auf das Funktionieren von Waren oder die Nutzung digitaler Inhalte/Dienstleistungen auswirken wird;
- Darstellung einer Softwareaktualisierung als notwendig, wenn sie lediglich der Verbesserung der Funktionalitätsmerkmale dient;
- kommerzielle Kommunikation über eine Ware, die ein zur Begrenzung ihrer Haltbarkeit eingeführtes Merkmal enthält, obwohl dem Gewerbetreibenden Informationen über das Merkmal und seine Auswirkungen auf die Haltbarkeit der Ware zur Verfügung stehen;
- falsche Behauptungen über die Haltbarkeit von Waren;
- unrichtige Präsentation einer Ware als reparierbar;
- Veranlassen des Verbrauchers, Betriebsstoffe einer Ware früher zu ersetzen oder aufzufüllen als technisch notwendig;
- Täuschung über die Funktionalität von Waren bei Verwendung von Betriebsstoffen, Ersatzteilen oder Zubehör Dritter.
1.3 Harmonisierte Mitteilung & Harmonisierte Kennzeichnung
Die Richtlinie führt eine harmonisierte Mitteilung ein, um Verbraucher klar und effektiv über ihr gesetzliches Gewährleistungsrecht zu informieren. Unternehmer müssen diese Mitteilung gut wahrnehmbar am Produkt oder im Rahmen des Verkaufs des Produkts (zB am Verkaufsregal neben dem Preisschild) anbringen.
Die Mitteilung wird die wichtigsten Elemente des gesetzlichen Gewährleistungsrechts enthalten. Sie wird jedenfalls über die zweijährige Mindestdauer informieren und darüber, dass diese nach nationalem Recht auch länger sein kann.
Gewährt der Hersteller eines Produkts eine Herstellergarantie, die über das gesetzliche Gewährleistungsrecht hinausgeht, muss der Unternehmer zukünftig eine harmonisierte Kennzeichnung anbringen. Diese Kennzeichnung soll den Verbraucher auf einen Blick informieren und Produkte leichter vergleichbar machen.
Die Kommission wird bis 27. September 2025 festlegen, wie die Mitteilung und die Kennzeichnung gestaltet sein sollen.
2. Neuerungen in der Verbraucherrechte-RL
Bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen werden die Informationspflichten des Unternehmers nach der Verbraucherrechte-RL und dem österreichischen FAGG ergänzt. Bevor der Verbraucher eine verbindliche Vertragserklärung abgibt, muss der Unternehmer über folgende Aspekte informieren:
- das gesetzliche Gewährleistungsrecht mittels harmonisierter Mitteilung;
- eine gewerbliche Haltbarkeitsgarantie mittels harmonisierter Kennzeichnung;
- das gesetzliche Gewährleistungsrecht für digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen;
- das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien;
- den Mindestzeitraum für Softwareaktualisierungen für Waren mit digitalen Elementen, für digitale Inhalte und für digitale Dienstleistungen;
- gegebenenfalls den Reparierbarkeitswert der Waren;
- gegebenenfalls Informationen über die Verfügbarkeit, die geschätzten Kosten und das Verfahren für die Bestellung von Ersatzteilen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der Waren erforderlich sind, über die Verfügbarkeit von Reparatur- und Wartungsanleitungen und über Reparatureinschränkungen.
Bei Fernabsatzverträgen muss zukünftig auch darüber informiert werden, ob umweltfreundliche Liefermöglichkeiten wie die Lieferung mit Ladenfahrrädern oder elektrischen Lieferfahrzeugen oder gebündelter Versand verfügbar sind.
In Ergänzung der Green Claims Richtlinie (siehe auch hierzu) setzt die Empowering-RL zusätzliche Schritte zur Verwirklichung des „Grünen Deals“ und soll mehr Transparenz bei der Werbung mit Umweltaspekten von Produkten schaffen, um „Greenwashing“ effektiv bekämpfen zu können. Die österreichische Praxis war schon bisher sehr streng und erfasst bereits die meisten der nun ausdrücklich vorgesehenen Tatbestände. Neu ist aber das grundsätzliche Verbot von Werbung mit Treibhausgasemissionen (zB „klimaneutral“) und Pflichten zur proaktiven Bereitstellung von Nachweisen für künftige Umweltleistungen.
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